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Nachhaltiger Fischkonsum - Welchen Fisch kann man an der Ostsee essen?

Er gehört zu den klassischen Lebensmitteln in Ostseerestaurants, schafft Arbeitsplätze an der Küste und gehört für Viele zum Urlaub am Meer dazu: der Fisch. Doch ist er wirklich der nachhaltigere tierische Proteinlieferant im Vergleich zum Fleisch? Ist es überhaupt noch möglich guten Gewissens Fisch an der Ostsee zu essen? Wir bieten einen umfangreichen Überblick über Vor- und Nachteile und wertvolle Tipps für nachhaltigen Fischkonsum.

Fisch aus der Ostsee: Aktuelle Lage und wichtige Fragen

In Zeiten, in denen Fleischkonsum immer mehr hinterfragt wird, gerade auch dessen industrielle Folgen (hoher Wasserverbrauch, Ausstoß von Treibhausgasen, vernachlässigtes Tierwohl), gerät verstärkt das Lebensmittel Fisch in den Blick. Auch die alternative Entscheidung für eine vegetarische oder vegane Lebensweise ist natürlich möglich. Wer aber bewusst Fisch auf seinem Speiseplan hat und ihn schon lange mit Genuss verzehrt, wird von diesem deutlich nachhaltigeren Lebensmittel aus guten Gründen überzeugt sein.

  • Fisch ist ein natürlich vorkommendes Lebensmittel (Wildfisch) und ein besonders wertvolles noch dazu: mit hochwertigem Eiweiß, Mineralstoffen, Jod und Omega-3-Fettsäuren
  • Konkret Ostseefisch ist ein regionales Produkt, mit dem Kauf unterstützt man diese Region (wirtschaftlich und kulturell)
  • Bei Ostseefisch, im Urlaub saisonal vor Ort gekauft, entfallen weite Transportwege und dadurch entstehende Umweltbelastungen
  • Man genießt besondere Rezepte, z. B. traditionelle Familienrezepte vom lokalen Fischer

Allerdings kennen wir auch schon seit vielen Jahren Berichte, die mit dem Thema Überfischung zu tun haben, die zum Teil den Bestand ernsthaft bedrohen. Das betrifft nicht nur ferne Weltmeere, sondern ist bereits bei uns vor der Haustür angekommen: in der Ostsee, wo in den letzten Jahren z. B. die Fangquoten für Hering und Dorsch extrem stark gekürzt wurden, um – 88 % beim Dorsch und um – 50 % beim Hering allein für 2022 (beides für die westliche Ostsee, die sich bis auf Höhe der dänischen Insel Bornholm erstreckt und dort in die östlichen Ostsee übergeht). Es ist schlicht immer weniger Fisch in unserem Binnenmeer vorhanden. Das hat natürlich direkte Folgen für die Berufsfischer und noch andere, ganz grundsätzliche Auswirkungen: die Störung des ökologischen Gesamtgleichgewichts und der Verlust biologischen Reichtums, verbunden mit Folgen für den menschlichen Speiseplan.

Aufgrund dieser Ausgangssituation wurde, neben dem Schutz der Meeresbestände, auch bereits über alternative Formen des Fischfangs bzw. der Fischwirtschaft nachgedacht. Könnten industrielle Aquakulturen eine Lösung des Problems sein, wie es sie in Europa schon seit den 1990er Jahren gibt? Möglicherweise kann auch Binnenfischerei einen gewissen Anteil des Fischkonsums in Deutschland abdecken, so dass die wild gefangenen Bestände sich wieder regenerieren können. Auch wenn solche Alternativen funktionieren sollten, stellen sich aktuell für unsere großen Meere die folgenden Grundsatzfragen:

  • Welche wirksamen Maßnahmen zum Schutz der Fischbestände können ergriffen werden?
  • Sollte man überhaupt noch Fisch aus der Ostsee essen?
  • Und wenn ja, welcher Fisch ist in Ordnung bzw. unbedenklich und worauf sollte man als Verbraucher dabei achten?

Überfischung der Ostsee und Auswirkungen

Was bedeutet eigentlich Überfischung? Nichts anderes als die einfache Rechnung, dass aus einem Gewässer mehr Fische gefangen werden, als durch natürliche Fortpflanzung wieder kompensiert werden können. Die Grenze, unterhalb derer ein Fischbestand kollabieren kann, nennt man Bestandslimit.

Ein Blick auf den aktuellen Status der Ostsee zeigt, dass sich laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) vom 13.10.21 6 von 10 Fischbeständen „außerhalb sicherer biologischer Grenzen“ befinden. Die Bestände sind also nicht mehr groß genug, um sich reproduzieren zu können. Zugleich hat sich der Fischkonsum der Deutschen seit 1980 von 11,2 kg auf 14,3 kg 2019 pro Kopf und Jahr erhöht. (Fisch-Informationszentrum e.V., 2021)

Wir essen also immer mehr Fisch, während die heimischen Fischbestände kontinuierlich abnehmen.

Hauptursachen dieser Entwicklung sind die intensiv genutzten Möglichkeiten des industriellen Fischfangs seit den 1950er Jahren: mit dem entsprechenden technischen Fortschritt in Form von präziserer Schwarmortung und Satellitennavigation, mit größeren Netzen, größeren Fangschiffen und der Verarbeitung direkt an Bord.

Beispiel Dorsch:

Der Bestand in der westlichen Ostsee ist stark gefährdet. Er ist sogar so klein, dass der Dorsch Nachwuchs immer häufiger ausfällt. Eine aktuelle fischereibiologische Studie der Uni Hamburg (Christian Möllmann, 12.07.21) besagt, dass der Bestand einen Kipppunkt erreicht hat und sich auch ohne Fischereidruck in absehbarer Zeit nicht mehr erholen würde.

In der östlichen Ostsee ist Dorsch seit 2020 sogar nur noch als Beifang erlaubt. Durch praktische Überfischung befinden sich die Populationen auf dem niedrigsten Stand seit ca. 70 Jahren, es sind nur noch sehr wenige fortpflanzungsfähige Fische übrig geblieben.

Beispiel Hering in der westlichen Ostsee:

Dessen Fortpflanzungsrate stagniert seit 5 Jahren und befindet sich auf einem Tiefpunkt. Neben der Überfischung spielt der Klimawandel mit seiner steigenden Wassertemperatur eine Rolle, so dass der Fortpflanzungsrhythmus des Herings dadurch gestört wird. (BUND, 13.10.21)

Maßnahmen gegen die Überfischung an der Ostsee

Nicht nur aus ökologischen Gründen ist hier ein Umsteuern erforderlich, auch handfeste ökonomische Gründe machen ein Eingreifen notwendig. Allein in Deutschland sind etwa 42.000 Menschen im Sektor der Fischerei und fischverarbeitenden Industrie beschäftigt. (BMEL)

Agenda 2030 an der Ostsee

2015 wurde in New York von einem internationalen Staatenbund die Agenda 2030 auf den Weg gebracht. Sie soll einen globalen Handlungs- und Orientierungsrahmen für nachhaltige Entwicklung bieten. Die gemeinsame Fischereipolitik GFP innerhalb der EU wurde bereits 2014 neu ausgerichtet, um der festgestellten Überfischung entgegenzuwirken.

In der „Agenda 2030“ gilt ein großes Nachhaltigkeitsziel genau dem Thema Meeres- und Küstenökosysteme. Es besagt, dass die Meeres- und Küstenökosysteme nachhaltig bewirtschaftet und geschützt werden sollen. Weiterhin soll mit der Umsetzung der Ziele (bis 2020) erreicht werden:

  • eine wirksame Regelung der Fangtätigkeit, Überfischung beenden, illegale und unregulierte Fischerei unterbinden
  • wissenschaftlich fundierte Bewirtschaftungspläne umsetzen
  • bestimmte Formen der Subventionen beenden, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen
  • nachhaltige Bewirtschaftung aller Fischbestände in Nord- und Ostsee nach dem MSY-Ansatz
  • MSY „Maximum Sustainable Yield“ bedeutet: die optimale Fangmenge, die einem Fischbestand unter Ausschöpfung seines max. Wachstumspotenzials entnommen werden kann, ohne seine Fortpflanzungsfähigkeit zu gefährden

Mit welchem Erfolg haben die Maßnahmen bisher gegriffen? Der Anteil der nachhaltig befischten Bestände in Nord- und Ostsee an allen MSY-untersuchten Beständen lag im Jahr 2018 bei 51,7 %, so festgestellt von der Europäischen Kommission und zu finden in der Statistischen Bibliothek. Im Jahr 2015 lag dieser Wert noch bei 41,4 % (im Jahr 2003 bei 31 %). Die positive Entwicklung ist zu erkennen, allerdings bleibt noch ein ganzes Stück Wegstrecke, bis nachhaltige Fischerei vollständig in der Praxis umgesetzt wurde. Die jährlich festgelegten Fangquoten für die Ostsee sind hier ein direktes Werkzeug.

Fangquoten Entwicklung der Ostseefische

Ende 2021 wurden die aktuellen Fangquoten für das Jahr 2022 von der Europäischen Union bekanntgegeben. Sie sind das Ergebnis der Verhandlungen im Rat der EU-Fischereiministerinnen und -minister. Da allerdings Deutschland kritisiert hat, dass die beiden „Managementgebiete“ Ostsee sowie Kattegat/Skagerrak unterschiedlich behandelt wurden (zum Nachteil der deutschen Ostseefischer), hatte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Quotenbeschlüssen nicht zugestimmt.

Zuständig für die Kontrolle der deutschen Fangquoten sind die Fischereiinspektoren der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zusammen mit den Inspektoren der Küstenbundesländer. Dieses Team wird noch z. B. von der Wasserschutzpolizei und Beamten im Innendienst (Logbücher, Verkaufsabrechnungen, Quotenbelange) verstärkt. (Deutscher Bundestag, 16.01.17)

Binnenfischerei und Aquakulturen - nachhaltigere Alternativen zur Küstenfischerei?

2018 wurden in Deutschland insgesamt 1,14 Mio. t Fisch und Meeresfrüchte (Fanggewicht) verzehrt. Das entspricht einem durchschnittlichen Konsum von Fisch und Fischereierzeugnissen von rund 13,7 kg pro Kopf. Auf dem deutschen Verbrauchermarkt decken Seefische mit einer Menge von 8,5 kg (Fanggewicht) pro Kopf etwa 2/3 des Verbrauchs ab. Dagegen ist die Menge der Süßwasserfische bzw. Erzeugnisse daraus mit 3,6 kg weiterhin deutlich kleiner. (Fisch-Informationszentrum e.V., 2021)

Wenn man sich dieses Verhältnis und dazu den Ertrag der deutschen Binnenfischer mit 22.000 t im Jahr 2018 anschaut, so wird klar, dass Binnenfischerei niemals den Verbrauch an Meeresfischen auch nur annähernd ersetzen kann. Somit muss der Fokus weiterhin darauf liegen, wie man mit den Ressourcen der Meere nachhaltiger umgehen kann. (BLE, 2020)

Gesamtfangmenge 2018 deutscher Fischer und Fischerinnen: 302.000 t Fisch sowie Krebs- und Weichtiere, davon 22.000 t aus der Binnenfischerei; knapp ¾ der in Deutschland verbrauchten Fischereierzeugnisse müssen zusätzlich importiert werden. (food-monitor.de, 25.11.20)

Und was ist mit Aquakulturen?

Das noch relativ junge Segment Aquakulturen erwirtschaftete 2018 in Deutschland einen Gesamtertrag von 32.000 t. Davon beträgt der Anteil an Fischen 18.108 t, der Rest teilt sich auf in Weichtiere, Rogen/Kaviar, Krebstiere und Algen. Zu den wichtigsten Fischarten zählten 2018 Salmoniden und Karpfen. (Fisch-Informationszentrum e.V., 2021)

Bezieht man diese Menge wieder auf den Gesamtverbrauch an Fisch in Deutschland (1,14 Mio. t), dann wird deutlich, dass auch Aquakulturen nicht annähernd in der Lage sind, die verzehrte Menge an Meeresfisch zu ersetzen.

Hinzu kommen einige konkrete Nachteile, die Aquakulturen in der Praxis mit sich bringen können. Dazu gehören nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland e. V. Verschmutzung, Überdüngung, Einsatz von Antibiotika und die Verfütterung von Fischmehl, die wiederum selbst einen Beitrag zur Überfischung leistet. (NABU)

Herkunft der an der Ostsee angebotenen Fische - sind alle regional?

Viele lokale Restaurants und Hotels an der Küste kaufen in einem Fischmarkt/Großmarkt ihren Ostseefisch ein und lassen sich von dort beliefern. Wenn persönliche Kontakte bestehen, kaufen Restaurants und Hotels natürlich auch direkt beim Fischer vor Ort.

Genießt man im Urlaub an einem regionalen Fischimbiss bzw. Verkaufswagen, der verarbeitete Produkte führt, können dort im Angebot auch Fische aus anderen Gewässern sein: Nordsee, Atlantischer Ozean etc. Hier gibt ein Blick auf die Produktinfos Aufschluss.

Ebenso haben auch regionale Restaurants diesen überregionalen Fisch auf der Karte: z. B. Pangasius, Wolfsbarsch, Thunfisch, Skrei, Meeresfrüchte wie Muscheln, Austern, Hummer etc. Auch hierzu erfährt man weitere Infos im Gespräch vor Ort im Restaurant.

Dieser überregionale Fisch aus anderen Gewässern wird in der Regel im Großhandel zugekauft, um neben Ostseefisch auch mengenmäßig eine gewisse Angebotspalette zu haben (begrenzte Menge durch Fangquoten in der Ostsee, knapp ¾ der in Deutschland verbrauchten Fischereierzeugnisse werden zusätzlich importiert). So hat man im Urlaub insgesamt immer eine entsprechende Auswahl, bei der man sich jedoch stets bewusst sein sollte, dass nicht alles auf der Karte tatsächlich aus der Ostsee stammt.

Beispiel Rostock:

Der Rostocker Fischmarkt ist ein zentraler Anlaufpunkt, wenn es in der Hanse- und Universitätsstadt um frische Ware geht. Einer der Schwerpunkte im Sortiment ist entsprechend Fisch von einheimischen Fischern je nach Saison, der dann täglich abgeholt und z. B. an die Gastronomie weiterverkauft wird. Zu den Fanggebieten an der Ostseeküste gehören dabei die Zingst-Darßer Boddenkette, die Boltenhagener Bucht oder das Salzhaff. Im Sortiment außerdem erhältlich: Fisch aus Aquakulturen, Fanggebieten in Norwegen, Dänemark und Island sowie Tiefkühlfisch.

Beispiel traditioneller Fischmarkt Warnemünde:

Hier lassen sich im Urlaub das Einkaufserlebnis und Ostseefisch miteinander verbinden. Am Alten Strom landen die Fischer früh am Morgen z. B. frischen Dorsch und Hering an. Direkt gegenüber auf der Mittelmole findet der traditionelle Warnemünder Fischmarkt statt, wo man den saisonalen Fang und weiterverarbeitete Spezialitäten (Matjes, Hering in Aspik u. a.) dann kaufen kann. „Der Frühaufsteher kann den Fischern dabei zusehen, wie sie ihren Fisch ausnehmen, zubereiten oder in den Räucherofen hängen – das eine oder andere Seemannsgarn inklusive.“

Beispiel Lübeck:

Die Erzeugergemeinschaft in der Lübecker Bucht ist eine Vermarktungsorganisation, die den Fang der kooperierenden ortsansässigen Fischer in den Verkauf bringt. Dieser erfolgt in den Anlandehäfen Travemünde und Niendorf, der Frischfisch selbst stammen von Fischern aus Travemünde, Timmendorf, Niendorf, Gothmund und Schlutup.

Welche Fischarten gibt es in der Ostsee?

Die Ostsee steht für ihre ganz typischen Fischarten, die hier ihren Lebensraum haben und von den lokalen Küsten- und Kutterfischern saisonal „erbeutet“ werden. Hering, der Hauptfisch neben dem Dorsch, galt während der Hansezeit sogar als der „König der Fische“ und wurde auch schon das „Silber des Meeres“ genannt. Diese in der Ostsee natürlich vorkommenden Arten werden in den Urlaubsorten an der Küste angeboten:

  • Hering
  • Dorsch (Dorsch und Kabeljau sind synonyme Begriffe für dieselbe Fischart)
  • Scholle
  • Steinbutt
  • Barsch
  • Makrele
  • Lachs
  • Meerforelle
  • Sprotte
  • Aal
  • lokal begrenzt: Ostseegarnelen
  • geografischen Besonderheit: Süßwasserfische wie Zander und Hechte, die in Bodden- und Haffgewässern vorkommen

Welche Fische verbergen sich hinter typischen Gerichten?

> Rollmops, Matjes, Bismarck
Hering

> Pannfisch
„Pfannenfisch“, unter anderem mit Hering, Dorsch, Seelachs, Schellfisch oder Plattfischen wie Scholle, Heilbutt, Steinbutt, Flunder oder Seezunge

> Anchovis
Sprotten oder Sardellen

>Schillerlocke
Dornhai

Stockfisch/Klippfisch
unter anderem mit Dorsch, Seelachs, Schellfisch oder Leng

Fazit: Ist nachhaltiger Fischkonsum an der Ostsee möglich?

93 % der kommerziell genutzten Bestände der Weltmeere sind überfischt oder an der Grenze ihrer maximalen Nutzbarkeit. (WWF, 28.06.21) Etwa 90 % aller großen Raubfische sind durch industriellen Fischfang mittlerweile verschwunden – eindrucksvolle Zahlen für das Wirken des Menschen. (planet-wissen.de, 2019) Zugleich hat sich der Fischkonsum seit 1961 von 9 kg weltweit auf 20,3 kg pro Jahr und Kopf verdoppelt. (aquakulturinfo.de, 2020)

Fakt ist auch, dass sich nur durch natürliche Fortpflanzung die Fischpopulationen nicht wieder erholen können. Es müssen sehr schnell wirksame Schutzmaßnahmen umgesetzt werden.
Diese Umkehr ist auch aus anderen als nur ökologischen Gründen notwendig: z. B. für die Ernährung der Weltbevölkerung und die wirtschaftliche Existenzgrundlage durch Fischfang.

Innerhalb der EU gibt es die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) und seit 2014 tatsächlich ein Umsteuern in der Praxis: mit wissenschaftlich fundierter nachhaltiger Bewirtschaftung nach MSY und mit Fangquoten, die einerseits politisch festgelegt werden, andererseits auf Grundlage von Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES).

Mit knapp 16.000 t für das Jahr 2022 bieten Sprotten aktuell die mit Abstand größten Fangmengen in der Ostsee. Weitere Möglichkeiten für frischen Fisch liefern die Binnenfischerei und Aquakulturen, allerdings in begrenztem Rahmen, da sie nur einen Bruchteil der Gesamtfangmenge erwirtschaften. Wie kann sich bei dieser Ausgangslage der Verbraucher am besten verhalten, wenn es z. B. im Urlaub um das Thema Ostseefisch geht?

Kann man noch Fisch aus der Ostsee essen?

Die Antwort dazu lautet: Ja, aber man sollte sich im Vorfeld genau informieren und nur Fisch wählen, der innerhalb der beschriebenen nachhaltigen Bewirtschaftung und Fangquoten von Berufsfischern angelandet wurde. Doch selbst dies wird immer schwieriger, da bereits so viele Fischbestände stark bedroht sind und sich gar nicht mehr reproduzieren können.

Idealerweise kauft man seinen Fisch beim regionalen Fischer vor Ort, der seinen Fang auch selbst vermarktet oder fragt beim Fischhändler nach, woher der Fisch kommt. Dazu später noch einige Infos mehr.

Welcher Ostseefisch ist unbedenklich?

WWF und Thünen-Institut Rostock (Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei) machen konkrete Aussagen, welchen Fisch aus der Ostsee man noch kaufen und verbrauchen kann, immer im Hinblick auf das Leitprinzip Nachhaltigkeit.

Liste nachhaltiger Fische in der Ostsee

  • Scholle: Bestände sind relativ stabil
  • Flunder (westliche Ostsee)
  • Steinbutt (westliche Ostsee)
  • Kliesche (westliche Ostsee)
  • Sprotten, z. B. als „Kieler Sprotten“ oder Anchovis
  • Hering aus der östlichen Ostsee: Bottnischer Meerbusen, Rigaer Meerbusen

Verzichtet werden sollte hingegen auf Dorsch, Lachs und Hering (westliche Ostsee) wegen teils dramatisch abnehmender Bestände. Aal ist weltweit vom Aussterben bedroht und gehört daher auf keinen Teller.

Gezielt nach einzelnen Fischarten sowie nach dem Kriterium „Gute Wahl“ lässt sich online beim Fischratgeber des WWF suchen. Hier sind neben den Fischarten der Weltmeere auch die verschiedenen Ostseefische vertreten, mit konkreten Angaben zu den Fanggebieten und Fangmethoden/Netzen.

Verbrauchertipps für nachhaltigen Fischkonsum an der Ostsee

1. Regional vor Ort kaufen

Aus 5 Gründen ergibt es Sinn, als Verbraucher seinen Ostseefisch direkt beim lokalen Fischer vor Ort zu kaufen, sozusagen „an der Kaikante“ oder an den Verkaufsständen und Imbisswagen, wo der Fang oftmals direkt vermarktet wird:

1. Frischegarantie
Morgens gefangen, schon mittags gebraten auf dem Teller mehr Frische, Natürlichkeit und Transparenz bei der Herkunft geht nicht

2. Originalrezepte & Spezialitäten genießen
Viele Fischer verarbeiten und veredeln ihren Fang selbst, teilweise mit Familien- und „Geheimrezepten“

3. Nachhaltigkeit
Die weiten Transportwege und damit Umweltbelastungen entfallen

4. Regionale Strukturen unterstützen
Durch Einkauf vor Ort Erhalt der lokalen Berufsfischer und ihres Berufsbildes (historisches Kulturgut Fischerei)

5. Urlaubserlebnis
Traditionelle Fischerorte, reizvolles maritimes Flair, Hafenatmosphäre, auch mal „platt snacken“ mit dem Fischer vor Ort

2. Auf zertifizierte Siegel achten, die für Nachhaltigkeit stehen

Beim Verzehr zuhause ist eine Alternative zum Kauf auf dem Kutter das Achten auf anerkannte Gütesiegel. Aber Achtung: Es gibt auch eine Menge Siegel, die nicht immer aussagekräftig sind.

Ein qualifiziertes Siegel für nachhaltige Fischerei kommt z. B. vom MSC. Die Abkürzung steht für „Marine Stewardship Council“ und damit für eine gemeinnützige, internationale Organisation (NGO) zum Schutz der Meere und Fischbestände.

Im Jahr 1997 gegründet, entwickelte der MSC ein Zertifizierungsprogramm mit strengen Kriterien für nachhaltige Fischereibetriebe und ein Umweltsiegel, mit welchem 2000 die ersten nachhaltigen Produkte auf den Markt kamen.

Das blaue MSC-Siegel für Wildfisch gibt entsprechende Informationen zur Nachhaltigkeit, zum Bestand und zur konkreten Fangmethode. Zu finden ist das Logo z. B. auf Fischdosen und Tiefkühlprodukten, aber auch in Verbindung mit Frischfisch von der Theke.

Hintergrundinfos MSC-Siegel

  • steht konkret für: kontrolliert nachhaltige, zertifizierte Fischerei, umweltfreundliche Fangmethoden, einen nicht überfischten Bestand
  • nachhaltige Fischerei ist komplex
  • MSC-Bewertungen dauern im Schnitt 18 Monate
  • aufwendiges Verfahren mit 28 Nachhaltigkeitskriterien, durchgeführt von Fachleuten

Weitere Siegel sind:

  • Naturland Wildfisch
  • FOS „Friends of the Sea“
  • WWF-Pandabär
  • u. a.

3. Saisonalität der Fangzeiten für Ostseefisch einhalten

Da die Fische zu unterschiedlichen Zeiten laichen sollte Rücksicht auf die unterschiedlichen Fangzeiten genommen und die entsprechende Fischart nur in der Saison gegessen werden.

Häufige Fragen zum nachhaltigen Fischkonsum

Bei nachhaltigem Fischfang ist das Ziel den Fischbestand zumindest auf einem gleichbleibenden Niveau zu halten und demnach die Reproduktionsfähigkeit nicht einzuschränken. Die verbleibenden Fische müssen also in der Lage sein die entnommenen Fische zu reproduzieren, sonst sinkt der Bestand.

Auch bestimmte Fangmethoden sowie Fangquoten und Saisonalität spielen bei nachhaltigem Fischfang eine wichtige Rolle. Um es Verbrauchern zu erleichtern gibt es Nachhaltigkeitssiegel, die anzeigen, ob ein Fisch aus nachhaltigem Fischfang stammt.
(Quelle: WWF)

Seit 1961 ist der weltweite Fischkonsum von 9 kg auf 20,3 kg pro Kopf pro Jahr gestiegen, was bedeutet dieser hat sich mehr als verdoppelt. Dies führte zur Überfischung, es wurden also mehr Fische entnommen, als sich reproduzieren können, sodass immer weniger Fisch in den Weltmeeren vorhanden ist.
Folgen der Überfischung sind: Störung des ökologischen Gesamtgleichgewichts und der Verlust biologischen Reichtums, verbunden mit Folgen für den menschlichen Speiseplan. Insgesamt ist mittlerweile leider festzuhalten, dass sich viele Fischpopulationen nur durch natürliche Fortpflanzung nicht wieder erholen können.
(Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND))

Im Hinblick auf Nachhaltigkeit gibt es an der Ostsee noch einige Fische, die guten Gewissens gegessen werden können und andere, die eher gemieden werden sollten, damit das Aussterben nicht weiter gefördert wird.

In erster Linie können vor allem die Plattfische, also Scholle, Flunder und Steinbutt gegessen werden, da diese Fischbestände noch relativ stabil sind. Auch die Sprottenbestände sind recht stabil. Eher nicht gegessen werden sollten hingegen Dorsch, Lachs und Hering, da diese Bestände immer weiter abnehmen. Auf keinen Fall gegessen werden sollte Aal, denn dieser ist weltweit vom Aussterben bedroht. Insgesamt ist es wichtig, dass man Fisch eher als eine Delikatesse sehen sollte.
(Quelle: WWF Blog)

Kein Fisch kann als 100% nachhaltig bezeichnet werden. Es gibt jedoch Faktoren, die den Fisch nachhaltiger machen wie eine nachhaltige Fangmethode, Einhalten der Saisonalität beim Fang und eine entsprechende Zertifizierung. Guten Gewissens können also nachhaltig gefischte und zertifizierte Fische aus aktuell stabilen Beständen gegessen werden. Aus der Ostsee sind das z.B. Sprotten, Flunder, Scholle oder Steinbutt.

Die Hauptfische in der Ostsee sind Hering und Dorsch/Kabeljau. Weitere vorkommende Arten sind Barsch, Makrele, Lachs, Meeresforelle, Sprotten, Aal oder Plattfische wie Scholle, Steinbutt, Flunder und Kliesche. Lokal begrenzt gibt es auch Ostseekrabben. Eine geografische Besonderheit sind auch Süßwasserfische wie der Zander und Hecht, welche in Bodden- und Haffgewässern vorkommen.

Idealerweise kauft man den Fisch beim regionalen Fischer vor Ort, der seinen Fang auch selbst vermarktet. Dies bietet am meisten Transparenz bezüglich der Herkunft und den kürzesten Transportweg. Aber auch im Supermarkt kann man nachhaltigen Fisch kaufen. Hier sollte dann auf anerkannte Gütesiegel von z. B. MSC geachtet werden.

Ja, nachhaltige Fischzucht in Aquakulturen ist grundsätzlich möglich. Doch nicht jede Aquakultur kann als nachhaltig bezeichnet werden. Wichtig ist, dass diese möglichst umweltfreundlich betrieben werden. Hierfür muss beispielsweise ein Futtermittelersatz für die bis dato meist genutzten Fischmehle gefunden werden, da diese in der Regel aus Wildfängen hergestellt werden. Zudem ist der hohe Eintrag an Nährstoffen in die Umwelt durch unverdautes Futter und Verdauungsprodukte ein Problem.

Da aktuell nur knapp 2 % des verspeisten Fischs in Deutschland aus heimischen Aquakulturen stammt, besteht hier ein großes Potential für den Ausbau nachhaltigen Fischkonsums.
(Quelle: Öko-Institut e.V.)

Die Frage nach der Nachhaltigkeit von Fisch und Fleisch ist nicht so leicht zu beantworten, da ein Großteil der Fischbestände bereits am Rande der Reproduktionsfähigkeit ist oder diese überschritten hat. Der wichtige Nachhaltigkeitsfaktor des Arterhalts ist also oft bereits nicht mehr zu erfüllen.

Allerdings kann der CO2-Fußabdruck von Fisch und Fleisch verglichen werden. Die Unterschiede entstehen unter anderem durch unterschiedlichen Flächen- und Wasserverbrauch sowie Energiebedarf und Verpackungs- und Transportemissionen. So kann es vorkommen, dass eine bestimmte Fleischart einen geringeren CO2-Fußabdruck hat als ein bestimmter Fisch. Gefrorene Garnelen (12,5 kg CO2-Äq.) haben z. B. eine höhere Co2-Äquivalente als gefrorenes Hähnchen (5,7 kg CO2-Äq.)

Beim Vergleich des ökologischen Fußabdrucks von Fleisch und Fisch ist zu erkennen, dass Fisch in der Regel durchschnittlich einen geringeren Fußabdruck hat als Fleisch. Beispielsweise hat Bio Rindfleisch mit 21,7 kg die höchste Co2-Äquivalente unter den tierischen Produkten im Vergleich zu frisch gefangenem Wildfisch mit 4,0 kg. Dies hängt auch damit zusammen, dass für Fleisch Energie in Form von Futter aufgewendet werden muss, um die gleiche Menge Nahrungsmittel zu erzeugen, was beim Wildfisch entfällt.
(Quelle: Institut für Energie und Umweltforschung)